Sport

28.02.2017

Drei Pferde legten fast 1 400 Kilometer zurück


Zwei Qualifikationen zum Start bei der Deutschen Meisterschaft 2017

von Petra Bordfeld

Nicole Klawitter aus Bad Grund legte bei insgesamt sieben Distanzritten auf ihrem Traber „Global Star“  607 Kilometer zurück. Daria und Nicole Rosenthal aus Badenhausen starteten mit ihrem Deutschen Reitpony „Austria“ und dem Araber „Hazbia“ ebenso oft und brachten es dabei auf 416  beziehungsweise 372 Kilometer.

Die Bad Grundnerin und ihr Traber sowie die 14jährige Daria Rosenthal und ihr Reitpony haben sich dabei übrigens zur Deutschen Meisterschaft der Senioren beziehungsweise Junioren qualifiziert.

Die drei haben aber nicht schon immer distanzreiten absolviert. Begonnen hat alles damit, dass die beiden Nicoles bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends  Freizeitausritte durch die umliegenden Felder, Wiesen und Wälder in Angriff nahmen. Dabei begegneten sie immer wieder Gleichgesinnten, die vom Distanzreiten sprachen. Irgendwann wollten die beiden wissen, was sich hinter diesem Begriff genau verbirgt. Die Bad Grunderin Nicole bestieg dafür bereits Ende der 80er Jahre ihren Wallach namens „Gantscho“. Für die andere Nicole und ihrem Haflinger „Goldi“ reagierte, fiel am  1. Mai 1996 der Startschuss. An diesem Tag der Arbeit nahmen beide Frauen eine 40 km-Stecke unter die Hufe. In besonders guter Erinnerung ist Nicole Rosenthal, dass sie dort ihren Mann Thomas kennengelernt und ein Jahr später geheiratet hat.
 
Die beiden Frauen hatte aber auch das Distanzritt-Fieber gepackt. Es war sogar so stark „ausgebrochen“, dass Nicole Rosenthal noch durchstartete, als sie hochschwanger war. Von daher wunderte es keinen, als Tochter Daria schon als Baby auf den Rücken wollte, wo das Glück der Erde liegt. Und die heute 14jährige nahm als Zwölfjährige am ersten Distanzritt teil. Ein „Nein“ von Mama und Papa hätten wenig Erfolg gehabt.

Somit begibt sich mittlerweile nicht selten die ganze Familie on Tour. Denn, auch wenn Sohn Fabio lieber festen Boden unter den Füßen hat, fehlt er in den seltensten Fällen, wenn  ein Distanzritt im Kalender steht. Schließlich ist das Packen von Kleidung, Lebensmittel, Getränke, Verbandszeug, Zaunmaterial und vieles andere mehr angesagt. Auch während des Ritts hat er sich die Begleitung und damit die Betreuung  von Pferd und Reiter auf die Pflegerfahne geschrieben. „Überhaupt wären solche Leistungen nicht ohne unsere super Trosser möglich“, darin sind sich die drei Reiterinnen einig. Schließlich fahren eben diese Trosser bestimmte Punkte auf der Strecke an, um in erster Linie die Pferde mit Wasser zu versorgen. Die Reiterinnen bleiben dabei aber auch nicht auf dem Trockenen sitzen. In den Pausen warten schon Decken, Wasser und Futter auf  die richtige Anwendung bei den Pferden. Also an dieser Stelle ein riesiges Dankeschön.
Übrigens ist Fabio kein „Einzelkämpfer“, auch Thomas Rosenthal, Jenny Olbrich, Steffi Schlette und viele andere mehr sind immer oder ab und an dabei. „Dafür möchten wir auch mal ganz groß Danke sagen.“


Um mal zu verdeutlichen, wie der Jahresalltag von Distanzreitern aussieht, plauderten die drei Reiterinnen mal aus der Schule.

Allein 2016 war siebenmal das große Packen angesagt, um zu Distanzritten zu fahren, die nicht unbedingt gleich um die Ecke ausgeschrieben waren. So waren sie meist nicht bloß einen Tag unterwegs. Dann galt es, für zwei oder auch drei Nächte Quartier für Mensch und Pferd einzuplanen. Wenn das so war, musste für jeden einzelnen Tag das Futter für die behuften Partner ebenso mitgenommen werden, wie etwa  genügend Decken, damit die Pferde nach der Anstrengung gut warm und trocken  gehalten werden können. Denn nach diesen Anstrengungen kann es auch schnell mal zu muskulären Verspannungen kommen, die dann durchaus in der Nachuntersuchung zur  Disqualifikation führen könnten. Fehlen darf selbstredend auch nicht die gesamte Reitausrüstung wie Sattel und Trense sowie Zaunmaterial, um für die Pferde ein Paddock abzustecken, denn diese brauchen ja auch einen Schlafplatz. Jeder Zentimeter im Auto und Pferdeanhänger wird ausgenutzt, um alles irgendwie unter zu bringen.

Saisonstart war der 22. April 2016. Der Weg führte nach Warburg. Dort waren drei Strecken im Angebot (50 km, 75 km und 100 km). Alle drei entschlossen sich für die „kurze“ Strecke. Allerdings spielte Nicole Klawitter schon mit dem Gedanken, mit  ihrem „Trabsi“, dem „Global Star“ auf 75 km aufzustocken. Es sollte sich für den richtigen Entscheid herausstellen, denn der routinierte Traber lief fantastisch. Am Ende stand auch für alle drei Pferde und Reiterinnen fest, dass sie diesen Ritt in der Wertung gesund und munter beendet hatten.

Bereits zwei Wochen später traten alle eine lange Reise an. Denn das Ziel hieß Stuck/Eldena, ein kleines Dorf in Mecklenburg Vorpommern. Dort gibt es übrigens immer ein großes Angebot an Mehrtagesritten. Nicole Klawitter und „Global Star“ brachten gleich zweimal 64 km (128km) hinter sich. Die Krönung für sie war allerdings, dass sie auch den Sieg mit nach Hause nehmen konnte. Daria und Nicole Rosenthal starteten mit „Austria“ und „Hazbia“ ebenfalls gleich zweimal durch. Ihre Strecke war insgesamt 82 km lang. Und an deren Ende freuten sich beide riesig, mit den noch sehr jungen Pferden einen tollen zweiten Platz erreicht zu haben.

Ende Mai gab es dann mehr oder weniger ein Heimspiel. Denn es ging nur einmal über den Berg nach Echte. Hier wurde auf der 50 km Strecke gestartet und wieder konnten alle drei Pferde den Ritt in der Wertung beenden. Nicole Klawitter sicherte sich den zweiten Platz, Daria und Nicole Rosenthal den jeweils vierten Platz.

Nachdem im Juni eine Erholungspause für die Pferde eingelegt worden war, ging es im Juli zum Weserberglanddistanz nach Scheden. Dort sollte es nun passieren: Die Qualifikation für Traber „Global“ zum Start auf der Deutschen Meisterschaft in 2017! Dafür galt es aber erst einmal, einen Langstreckenritt von stolzen 120 km zu  absolvieren und ihn dann auch  in der Wertung zu beenden. Der Beweis, dass das lange Trainieren nicht für umsonst gewesen war,  entlockte Nicole Klawitter Freudentränen.

Weil Daria aufgrund einer Verletzung nicht starten konnte, tat dies der Papa Thomas Rosenthal mit seiner Araber-Stute “Shakira“ zusammen mit Mama Nicole Rosenthal mit Araber-Stute „Haziba“. Beide hatten  60 km vor sich. Leider mussten Thomas Rosenthal und seine „Shakira“ nach 35 km aufgeben, denn die Stute lahmte. Nicole Rosenthal ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Als sie nach 25 km das Ziel erreichte, waren sie und ihr „Hazbia“ fit und durften sich über den ersten Platz freuen.

Im August ging es zur „Dream Ranch“ nach Billingshausen. Die beiden Nicoles und Daria starteten auf eine Streckenlänge von 50 km. Dieser Ritt wurde von ihnen als gemütliches Training ausgelegt. Wichtig war hier, einfach in der Wertung zu bleiben, denn zwei Wochen später wollten sie nochmal einen richtig anstrengenden Ritt bewältigen.

Also ging es  Anfang September  nach Hitzacker. „Hazbia“ musste leider verletzungsbedingt zu Hause bleiben, das sollte für Daria und „Austria“ zu einer riesen Herausforderung werden. Weil Nicole Klawitter auf der längsten dort angebotenen Strecke starten wollte, entschied sich die  13Jährige auch dafür.  Diese Tour war allerdings nicht „nur“ 103 km lang, es galt auch  1 800 Höhenmeter und sehr tiefe Sandabschnitte zu bewältigen. So ritten die beiden gemeinsam die ganzen 103 km zusammen und überquerten obendrein noch vor vier anderen Startern als erstes die Ziellinie. Das war für sie der absolute Hammer, insbesondere für Daria. Denn sie hatte sich damit für die Deutsche Jugendmeisterschaft qualifizieren können.

Da aber für Pferde  andere Voraussetzungen gelten, als bei den Reitern, hatte das Deutsche Reitpony  noch nicht genug Kilometer unter den Hufen gehabt, es fehlten noch 80 an der Zahl. Damit Daria mit ihrem „Austria“ bei der Meisterschaft durchstarten kann, musste es noch einen Ritt von mindestens 80 km in der Wertung hinter sich bringen. Damit war die Saison noch nicht zu Ende. Es waren keine langen Überlegungen, sondern Spontanität angesagt, und Ende September wurde der Pferdeanhänger noch einmal angehängt. Dieses Mal ging es nach Stuhr/Bremen. Nicole Rosenthals „Hazbia“ war auch wieder fit, also waren wieder alle drei Pferde dabei.

Während Nicole Klawitter und Daria auf der 81 km Strecke durchstarteten, nahmen  Nicole Rosenthal und „Hazbia“ die 80 km unter die Hufe. Der Grund lag daran, dass die Stute altersbedingt nur bis maximal 80 km laufen durfte. Da sie in diesem Jahr sieben Jahre alt wird, gelten für sie in der neuen Saison keine Streckenbegrenzungen mehr.

Jedenfalls holte sich Nicole Klawitter bei diesem im Prinzip nicht eingeplanten Ritt einen guten zweiten Platz. Nicole Rosenthal und  „Hazbia“ freuten sich noch einmal über einen ersten Platz.
Daria ging es nicht um die Platzierung, sondern um die noch zu bewältigende Streckenlänge. Deswegen machte sie sich mit „Austria“ behutsam auf den Weg, was aber doch noch für den siebenten Platz reichte. Somit hat das eingespielte Team die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft der Junioren bis 21Jahre.

Im November fuhren alle mal ohne Pferde nach Hann-Münden. Dort fand die Jahreshauptversammlung des VDD (Verein Deutscher Distanzreiter) statt, der 2016 sein 40-jähriges Jubiläum feierte. Dort konnten beide Nicoles sich über Kilometerehrungen freuen. Schließlich hatte es Nicole Klawitter  im Laufe der Jahre bereits auf   4 000 km in der Wertung und Nicole Rosenthal auf 3 000 km gebracht.

Was bedeutet nun  „In der Wertung beendet“? Diese Ritte stehen unter strengen tierärztlichen Kontrollen. Die Pferde werden vor, während und nach dem Ritt gründlich untersucht. Es gibt strenge Richtlinien und Regeln. Bei dem kleinsten Anzeichen, dass es dem Pferd nicht gut geht, es beispielsweise lahmt, der Puls nicht regeneriert oder die Darmgeräusche nicht genügend vorhanden sind, wird das Pferd sofort aus dem Rennen genommen. Selbst im Ziel, bei der Nachuntersuchung, kann es passieren, dass es  aus der Wertung genommen wird. Denn das Pferd muss auch dann noch so fit sein, dass es mindestens noch 20 km laufen könnte.

„Wir hoffen nun, dass wir in 2017 wieder eine tolle Saison hinlegen können. Höhepunkt wird hoffentlich die Deutsche Meisterschaft Ende Juni in Neustadt-Dosse“, sein so die beiden Nicoles und Daria.
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Jetzt heißt es, viel zu trainieren, und auf den vorherigen Ritten keine Risiken einzugehen. Wenn „Global Star“ und „Austria“ dann fit und gesund sind, steht dem Start nichts im Wege.

Nicole Klawitter und „Global Star“ steht schließlich die Königsdisziplin im Distanzritt bevor. Die Deutsche Meisterschaft der Senioren wird über eine Strecke von 160 Kilometern bestritten. Daria Rosenthal und „Austria“  müssen immerhin auch 120 km hinter sich bringen. Da geht es in erster Linie dann „nur“ um das Dabeisein und Lernen für die Zukunft. Daria wird mit ihren 14 Jahren eine der jüngsten Teilnehmer sein, denn sie hat dann gerade das Mindestalter erreicht, um starten zu dürfen. „Schön wäre es, wenn beide Paare diese Meisterschaften in der Wertung beenden könnten“, so Nicole Rosenthal.

Sollte dieser Bericht bei dem ein oder anderen Interesse an diesem Sport geweckt haben, es gibt einen Infonachmittag „Abenteuer Distanzreiten“ am 25. Februar  im DGH von Herrhausen/Seesen, sowie einen Lehrgang um den 23. April. Nähere Infos gibt es über die Regionalbeauftragte Eva Renner (Telefon: 01633333898) oder unter www.vdd-aktuell.de.







 

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