Kultur / Rezensionen

15.02.2024

Beklemmendes Szenario


Der neue Thriller von Harzer Hammer-Gewinner Peter Grandl

von Chrisitan Dolle

Ein islamistischer Terroranschlag in der U-Bahn. Das perfide daran: Es sterben nicht nur die Fahrgäste, nein, sie infizieren auch noch zahllose weitere Menschen. Ein Gift? Ein unbekanntes Virus? Schnell kommt es zum Ausnahmezustand, zum Lockdown und die Behörden sind überfordert.

In „Höllenfeuer“ entwirft Peter Grandl ein wahres Horrorszenario, das aber ohne weiteres real eintreten könnte. Er zeigt, wozu religiöser Fanatismus gepaart mit aufhetzender Politik führen kann und wie verletzbar unsere Gesellschaft gegen solche Gewaltakte doch ist. 

Schon in seinem ersten Roman „Turmschatten“ entwarf der Drehbuchautor und Regisseur eine bedrückend wirklichkeitsnahe Geschichte, in dem Falle um einen Überfall einiger Neonazis auf ein jüdisches Opfer, das sich aber zur Wehr setzen kann und die Täter in seine Gewalt bringt. Er startet einen Livestream, bei dem die Zuschauer über die Strafe entscheiden sollen. 

Für diesen außergewöhnlichen, politisch brisanten und dabei enorm rasant erzählten Thriller erhielt Peter Grandl 2020 den „Harzer Hammer“ des Mordsharz-Festivals, bei dem er auch im damaligen Livestream zu Gast war. 2023 war er erneut Gast des Harzer Krimifestivals und stellte im Kloster Walkenried den Nachfolgeroman „Turmgold“ vor, der diesmal geheime Machenschaften von AfD-Mitgliedern ins Visier nimmt. 

In „Höllenfeuer“ widmet er sich nun islamistischem Extremismus, ebenso kompromisslos geschildert, ebenso klar ablehnend, ebenso in eine fesselnde Handlung verpackt. Sein Erzählen ist auch in diesem Buch filmisch, baut durch schnelle Szenenwechsel Spannung auf und bringt die Handlung durch die Blickwinkel verschiedener Figuren nach vorn. 

Dabei bleibt Peter Grandl bei seinen Figuren keinesfalls oberflächlich, sie alle haben eine Hintergrundgeschichte, die in manchen Fällen durchaus noch größere Bedeutung erlangt, und sie alle haben einen Charakter, der nicht nur heldenhaft oder bemitleidenswert ist. Genaugenommen sind die meisten seiner Figuren sogar eher unsympathisch oder zumindest lebensecht, die einzigen beiden, die letztlich als moralische Identifikationsfiguren taugen, sind der Rettungssanitäter Hamit und die Assistenzärztin Indira.

Mehr noch als um die Figuren, scheint es Peter Grandl auch in diesem Buch wieder um die Entwicklung nach der eigentlichen Tat zu gehen, also um ein anhand von Fakten und Wahrscheinlichkeiten durchgespieltes Was-könnte-wirklich-passieren. Es gelingt ihm dank akribischer Recherche sein Buch nicht als Fiktion, sondern als eine fiktive Möglichkeit erscheinen zu lassen. 

Genau das macht es so bedrückend, so spannend, so aufrüttelnd. Es wirft Fragen auf. Danach, wie sicher wir tatsächlich sind, danach, ob unser Staat auf so etwas vorbereitet ist, danach, ob oder auch wann ein solches Szenario eintreten könnte. 

Der Harzer Hammer ist ein Preis für neue Autoren, die den deutschsprachigen Krimi- und Thrillermarkt bereichern können. Im Falle von „Turmschatten“ war sich die Jury des Mordsharz-Festivals schnell einig, dass genau das auf Peter Grandl zutrifft. „Höllenfeuer“ ist eine weitere Bestätigung dafür. 

Dieses Buch ist wie seine Vorgänger ein harter und packender Thriller und es bleibt zu hoffen, dass es ebenso wie zu „Turmschatten“ (Die Serie mit Heiner Lauterbach und Désirée Nosbusch wurde für Paramount+ produziert) eine Verfilmung geben wird. 


 

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