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08.01.2024

"Manchmal leisten wir auch ein bisschen Seelsorge"


Mara Weihe mit dem Auszubildenden Justin Spillner im Bürgerbüro. Hier demonstriert er die Registrierung des Fingerabdrucks für die Beantragung eines Personalausweises

Welche Aufgaben erledigt eigentlich ein Bürgerbüro? Im Rathaus in Windhausen engagieren sich drei freundliche Mitarbeiterinnen, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machen

von Herma Niemann

Wenn man einen Reisepass benötigt, der Personalausweis abgelaufen ist oder wenn man sich wegen Umzugs ummelden muss, geht man zum zuständigen Bürgerbüro. Diese Dinge verbindet man meistens mit einem oberflächenreich, aber zwingend notwendigem Vorgang auf dem Amt, weil das wichtige Regularien sind, die man per Gesetz bei der zuständigen Kommune erledigen muss. Dort meldet man sich, füllt ein Schriftstück aus und alles ist erledigt. Aber hinter den Kulissen spielt sich noch viel mehr ab, die Aufgaben der Mitarbeiterinnen im Bürgerbüro im Rathaus Windhausen der Gemeinde Bad Grund zum Beispiel sind noch vielfältiger und manchmal auch etwas aufwühlend.

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Das Bürgerbüro in Windhausen ist werktags ab 9 Uhr geöffnet. Aber meistens schon ab 7 Uhr sind drei Mitarbeiterinnen Mara Weihe, Pauline Klages und Lisa Afkari vor Ort, um gewisse administrative Aufgaben zu erledigen. Im Übrigen arbeiten die drei auch noch in ihren anderen Abteilungen des Rathauses. Und dann ist es 9 Uhr: das Rathaus öffnet, und auch das Bürgerbüro zieht seine Jalousien hoch.

"Wir sind in diesem Verwaltungsapparat die ersten persönlichen Gesichter, die die Bürger sehen, und das ist uns auch ganz wichtig", sagte Mara Weihe. Im Bürgerbüro ist auch die Telefonzentrale ansässig.

Wie nicht anders erwartet, kommen viele Einwohner in das Bürgerbüro, um entweder einen neuen Personalausweis zu beantragen oder diesen abzuholen. Im Auftrag des Landkreises Göttingen kann dort auch der vorgeschriebene Führerscheintausch beantragt werden.

Neben den offiziellen Gesprächen nutzen einige Menschen auch die Gelegenheit für ein persönliches Gespräch. Dabei geht es meist um die Familie, die Freunde, um Erkrankungen, wie der Tag begann und was man heute noch so vor hat. Aber auch die Nachbarschaft wird thematisiert. Wehe, die an dem Vormittag aus personellen Gründen überwiegend allein vor ist, hört zu, nimmt Anteil und sagt Sätze wie: "Das ist ja schlimm, das kann ich gut verstehen". Sie kennt inzwischen schon die Lebensumstände verschiedener Einwohner der Gemeinde, denn bereits seit 2011 arbeitet sie bei der Verwaltung (anfangs als Auszubildende) und ist seit 2014 Mitarbeiterin des Bürgerbüros. "Persönlich habe ich hier meine Berufung gefunden, ich brauche den Bürgerkontakt".

Weihe nimmt Anteil, hat immer ein Lächeln für das Gegenüber im Gesicht - reagiert aber auch so, dass sich der Bürger Ernst genommen fühlt. Das hörst sich oft leichter an, als es wohl ist. Denn Publikumsverkehr mit den unterschiedlichsten Facetten von Charakteren verlangt einem Menschen eine bestimmte Sensibilität zwischen Stärke und Empathie ab. Weihe hört geduldig zu und sagt dann zu der Bürgerin: "Ja , ich weiß, das tut mir leid". Die Bürgerin fühlt sich verstanden. Dennoch ist eine Unterschrift der Kundin für das erhaltene Schriftstück fällig. Aber die Kundin ist in Erzähllaune, hat es vergessen oder überhört, dass sie noch unterschreiben muss. So ist Weihe kurzfristig hin und her gerissen zwischen Zuhören und nochmals darauf aufmerksam machen, dass sie die dringende Unterschrift benötigt. Als die Kundin schon im Gehen ist, dabei noch erzählend, bemerkt diese noch, dass sie noch etwas zu erledigen hat. Erleichterung macht sich breit, dass natürlich zum einen das offiziell Notwendige erledigt ist, sie aber auf der anderen Seite die Einwohnerin auch nicht unterbrechen musste. "Manchmal leisten wir auch ein bisschen Seelsorge, aber das machen wir auch gerne", so Weihe lächelnd.

Ein anderer Kunde an dem Vormittag hingegen, guckt einfach nur durch den Spalt der von ihm kurz geöffneten Bürgerbürotür und verlangt ohne viele Worte nach einem Angestellten eines bestimmtes Fachbereichs. Dem wird auch entsprochen, auch wenn ein normaler menschlicher Umgangston anscheinend bei manchen Mitbürgern eher Mangelware ist.

Richtig bedrohliche Situationen habe es noch nicht gegeben, wie zum Beispiel auf anderen Behörden oder Ämtern. Einmal habe sich jemand praktisch von jetzt auf gleich sehr aufgeregt, weil er ein älteres Foto für einen neuen Ausweis nicht verwenden durfte. Aber dafür gebe es eben Vorschriften. Dieser habe sich nach einem kurzen Wutausbruch aber wieder beruhigt. Aber für den Notfall habe man unter dem Schreibtisch einen Knopf. Diesen haben im Übrigen auch alle anderen Mitarbeiter in der Verwaltung. Dann sperren sich die Bildschirme, sodass die Mitarbeiter sehen können, wo Hilfe benötigt werde. Das sei aber zum Glück noch nicht vorgekommen.

Die meisten der Kunden im Bürgerbüro seien nette Menschen, und auch an dem Tag brachte eine Bürgerin zum Dank eine Schachtel Pralinen mit. "Die Damen machen für uns doch so viel, da kann man auch mal Danke sagen".

Leider habe man im Bürgerbüro auch mit dem sogenannten Forderungsmanagement zu tun, sprich also mit Firmen, die noch offene Forderungen an ihre Kunden haben und die aktuelle Adresse benötigen. Vom Gefühl her, hätten diese Vorgänge schon zugenommen, sagt Weihe, in Zahlen ausdrücken gehe aber nicht.

Aber, es gibt auch andere Sachverhalte, über die sie eigentlich im Detail nicht mehr als nötig informiert werden möchte. Zum Beispiel, warum jemand nicht zur Wahl zugelassen ist. Da kann unter anderem ein Grund sein, dass der Betreffende eine Haftstrafe verbüße. Meistens werden dem Bürgerbüro auch die Gründe dafür mitgeteilt. "Das möchte ich eigentlich gar nicht wissen, diese Details belasten und beschäftigen mich". Gerade auch, weil man natürlich innerhalb der Gemeinde diesen Personen schon hier und da über den Weg laufe. Auf die Frage, wie sie damit umgehe, sagt Weihe, dass sie das anfangs mehr belaste habe. Seit einigen Jahren habe sich aber eingespielt, innerhalb des Dreier-Kollegiums viel miteinander zu sprechen, zum Beispiel in den Pausen. Nur deswegen würde man bestimmte Dinge nicht auch noch nach Feierabend mit nach Hause nehmen. Auf unsere Frage, ob schon mal etwas ganz Kurioses passiert ist, sagt Weihe, dass man ja auch für Fundsachen zuständig sei. "Manchmal fragen wir uns, ob die Menschen solche markanten Dinge, wie ein Einrad nicht vermissen. Einmal wurde bei uns ein Gebiss abgegeben. Der Besitzer hat sich bei uns aber nie gemeldet", so Weihe lachend.

Das Bürgerbüro in Windhausen

Dort werden verschiedene Anliegen im Meldewesen und zur Wahlsachbearbeitung erledigt, wie auch Anträge für Pässe und Personalausweise.

Aber auch die Einsicht in persönliche Daten kann jeder Einwohner dort vornehmen, wie auch die Steuernummer erfragen.

Im Auftrag des Landkreises Göttingen, können die Einwohner aus der Gemeinde Bad Grund seit diesem Jahr den Führerschein in Windhausen tauschen.

In bestimmten Fällen können auch individuelle Termine außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart werden.

Als Service sind in Windhausen Gelbe Säcke erhältlich, wie auch Abfall- und Laubsäcke und Papiertütensets käuflich zu erwerben.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Es gibt auch noch einen alten Aktenaufzug, das erleichtert das Versenden der Post an die jeweiligen Abteilungen

 

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