Kultur / Federkiel / Flugzeuggeschichten

28.03.2021

Ebenbild


von Johannes Nordmann

Wer rastet, der rostet, so heißt es. Wenn man statt eines Urlaubs mit fester Unterkunft lieber mit dem Auto oder Camper unterwegs ist, sollten am Tag nicht mehr als 200 - 250 Kilometer zurück gelegt werden. Das gilt vorrangig für Europa. Denn in Kanada, Alaska und Australien kann diese Distanz jedoch schon mal von einer Ansiedlung mit Tankstelle und Shop zur nächsten betragen.

Die Entfernung von der Mitte Deutschlands zum Nordkap beträgt rund 3 000 Kilometer. Ebenso von Seattle in den USA durch Kanada nach Alaska. Bei einer Rundreise durch halb Australien fährt man etwa 9 000 Km. Dafür muss man sich Zeit lassen, denn der Weg ist das Ziel.

Um dabei genug zu rasten und nicht zu rosten, bietet sich Bewegung durch Laufen, Walken, Wandern und Spazieren gehen an. Es ist die natürliche Fortbewegung des Menschen und erhält obendrein die Gesundheit. Das dafür wichtigste Sportgerät ist zweckmäßiges Schuhwerk, selbst für leichte Bergwanderungen reicht ein Paar Turnschuhe. Die sind immer am Mann oder Frau und müssen somit nicht ins Gepäck.

Wieder mal auf Tour mit meinem Mini Camper bot sich so ausgerüstet und entsprechender Kleidung im Umfeld einer gemütlichen Übernachtungsmöglichkeit eine Runde Laufen an. Es war ein milder, windstiller Herbsttag und da es mehr als zehn Kilometer werden sollten, ließ ich es gemütlich angehen, beobachtete dabei ein wenig die Tierwelt und stellte mir die Baumstümpfe als Gnome und Kobolde vor. So ein bisschen glaube ich an diese Welt der Geister, mehr als an das, was manche Gebetsbücher so verbreiten. Außerdem lenkt es vom Laufen ab, die Kilometer werden automatisch abgespult.

Ich kam an einen See, wollte kurz rasten und die Natur genießen. Dieser lag glatt wie ein Spiegel in der Windstille vor mir. Plötzlich war auch kein Laut mehr zu hören, doch spürte ich, dass da jemand war. Er sah so aus wie Du und Ich, hatte auch einen Bart und es war ansonsten nichts besonderes an ihm. Bis auf die Augen. Diese blitzenden, feurigen, drohenden Augen ließen mich sofort erkennen, dass der Teufel vor mir stand. Nicht mit Pferdefuß und Hörnern, nein, mit unheilbringenden, angsteinflößenden Augen.

Er wollte mich holen, das stand fest. Es würde der Kampf um alles werden. "Komm mit mir, du sollst mir helfen, Böses zu tun", begann er. "Ich helfe gern jedem, der in Not und es machbar ist, aber nicht dir", gab ich ruhig zurück. So entwickelte sich ein Dialog über Gutes und Böses, aber mit seiner teuflischen Macht und permanenten negativen  Beeinflussung brachte er meine Einstellung zum Guten und auch meine Weltanschauung ins Wanken.

Ich wollte nicht verlieren, denn dann hatte er mich. Ich musste ihn loswerden und zwar ein für alle Male. Schon bei einem Unentschieden würde er immer wieder versuchen, meine Standhaftigkeit zu unterwandern. Ganz schön in die Enge getrieben eine List anzuwenden, erschien mir bei diesem Gegner sinnlos. Trotzdem wagte ich einen Versuch. Vorsichtig gab ich nach, sagte ihm, dass es in mir auch manchmal höllisch zuginge und seine Blicke wurden freundlicher. Als ich obendrein noch erwähnte, in bestimmten Fällen auch töten zu können, schloss er genießerisch die Augen.

Das war meine Chance. Ich hob einen faustgroßen Stein vom Ufer auf und schleuderte ihn in das spiegelnde Wasser. Der Teufel zersprang mit den Wellen in tausend Stücke....

 

"Der Mensch besieht sein Spiegelbild nicht im fließenden Wasser, sondern im stillen Wasser."
Zhuangzi

 

Anzeige