Kultur / Rezensionen

20.07.2024

Roadtrip im Gebiet der First Nations


Harzer Hammer-Preisträgerin Frauke Buchholz liest bei Mordsharz in Walkenried

von Christian Dolle

Für ihr Erstlingswerk „Frostmond“ bekam Frauke Buchholz 2021 im Rahmen des Mordsharz-Festivals in Ilsenburg den „Harzer Hammer“ verliehen. Überreicht wurde er von Sebastian Fitzek, die Laudatio kam von Andreas Gruber. Damals war die Autorin von der Situation (Andreas Gruber rockte auf der Bühne minutenlang mit der Luftgitarre zu Motörheads ‚The Hammer‘) ein wenig überwältigt, aber ganz offensichtlich auch angespornt, mit dem Schreiben weiterzumachen.

Im folgenden Jahr las sie in Wernigerode aus „Blutrodeo“ und begeisterte das Harzer Publikum auch mit diesem Buch. Wie sein Vorgänger ein spannender Krimi vor der beeindruckenden Kulisse Kanadas und mit einigem Hintergrundwissen über die First Nations. Letzteres hat sich Frauke Buchholz erworben, da sie einige Jahre in einem Cree-Reservat lebte.

So ist es kein Wunder, dass auch ihr dritter Roman dieses Setting aufgreift. Ihr Profiler Ted Garner möchte nach zwei kraftzehrenden Fällen raus aus allem, wird von einer Esoterikerin zu einer nächtlichen Zeremonie in einem Tipi eingeladen und nimmt dankend an. Als er nach seinem Drogentrip zu sich kommt, liegt die Frau neben ihm – erstochen und skalpiert.

Da Garner seine Schuld nicht gänzlich ausschließen kann, macht er sich selbst auf die Suche nach der Wahrheit, während die Polizei längst Jagd auf ihn als Hauptverdächtigen macht. Es beginnt ein Roadtrip durch die spirituelle Welt der kanadischen Einsamkeit, in einen schwelenden Konflikt zwischen Tradition und Moderne und ebenso in menschliche Abgründe. 

Besonders beeindruckend am Buch ist dabei die fundierte Kenntnis indigener Lebensweisen und tief verwurzelten Glaubens, wie auch die melancholisch-nachdenkliche Stimmung der Landstriche abseits der hektischen Welt, die wir kennen, die Frauke Buchholz eindringlich einzufangen vermag. Sie nimmt ihre Leser mit ins Unbekannte, deutet immer wieder tiefe Verbundenheit mit der Natur und den Glauben an Übersinnliches an, ohne dabei aber die spannende Krimihandlung aus den Augen zu verlieren. 

Bis zum Ende gibt es immer wieder unvorhersehbare Wendungen, nicht nur die Handlung, auch die Protagonisten bleiben stetig in Bewegung. Bei der rasanten Jagd kommt zum Glück die Tiefe der Figuren nicht zu kurz, dass Frauke Buchholz Garner am Ende – nein, kein Spoiler – aus Erschöpfung und Überforderung weinen lässt, macht ihn für die Leser nur noch stärker. 

Frauke Buchholz zeigt mit „Skalpjagd“ abermals, dass sie spannende Geschichten erzählen kann, und ebenso, dass sie genau weiß, worüber sie schreibt, die Gegenden kennt und sich mit den First Nations wirklich auseinandergesetzt hat. Dadurch gewährt dieses Buch Einblicke und macht neugierig auf mehr Hintergründe über die heutigen Verhältnisse in Reservaten und die Wahrung eines lang überlieferten Einklangs mit der Natur.

Darüber wird sie sicher auch beim Mordsharz-Festival berichten. Am Freitag, 27. September, liest sie ab 18 Uhr im Kloster Walkenried. Anschließend stellt Karina Urbach um 19.30 Uhr „Das Haus am Gordon Palace“ vor und um 21 Uhr sind Kim Faber und Janni Pedersen aus Dänemark mit ihrer deutschen Stimme Uve Teschner zu Gast und lesen aus „Mörderland“.


Das komplette Mordsharz-Programm:

Mittwoch, 25. September: Remise, Wernigerode
18.00 Uhr Kester Schlenz und Jan Jepsen - „Schlick“ PREMIERENLESUNG
19.30 Uhr Anna Schneider - „Grenzfall – In den Tiefen der Schuld“
21.00 Uhr Tibor Rode - „Lupus“

Donnertag, 26. September: Großes Heiliges Kreuz, Goslar
15.00 Uhr Christoph Dittert und Simone Nowicki - „Drei ???“
18.00 Uhr Sybille Ruge - „9mm Cut”
19.30 Uhr Alex Beer - „Die weiße Stunde“
21.00 Uhr Ambrose Parry (Christopher Brookmyre und Marisa Haetzman) mit Julian Mehne -  „Die Essenz des Bösen“

Freitag, 27. September: Zisterzienserkloster, Walkenried
18.00 Uhr Frauke Buchholz - „Skalpjagd“
19.30 Uhr Karina Urbach - „Das Haus am Gordon Place“
21.00 Uhr Kim Faber und Janni Pedersen mit Uve Teschner - „Mörderland“

Samstag, 28. September: Tabakspeicher, Nordhausen
18.00 Uhr Alexandra Kui und Peter Godazgar - „Harz aber herzlich“
19.30 Uhr Christof Weigold - „Das brennende Gewissen“
21.00 Uhr Mathijs Deen - „Der Retter“


Frauke Buchholz während der Preisverleihung 2021 mit Andreas Gruber

 

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