Kultur

19.06.2024

KUNSTausstellung „WIR 1, 2, 3, … 8, 9“ öffnet morgen ihre Türen


Die Künstler und Künsterinnen sowie Sprecherinnen positionierten sich gut gelaunt vor der größten Arbeit diese Ausstellung, welche Bernd Schneider geschaffen hat

von Petra Bordfeld

Osterode. Zwar wird die Ausstellung von neun Künstlern und Künstlerinnen, sowie deren 95 Kunstwerke der unterschiedlichsten Art „erst“ ab dem morgigen Donnerstag, 20. Juni, ab 11 Uhr, im unter Denkmalschutz stehendem KUNSThaus KUNST Am Schilde 2, bis hin zum Samstag, 27. Juli, zu sehen sein. Aber die Initiatorin dieser ungewöhnlichen Reise in die Kunst, Sabine Tippach, sowie die weiteren acht Künstlerinnen und Künstler haben einstimmig die Entscheidung gefällt, schon einige Tage vorher zu einer Vernissage zu laden.

Bevor Prof. Dr. Viola Sporleder-Geb und der stellvertretenden Bürgermeisterin der Stadt Osterode, Helga Klages, alle Aufmerksamkeit galt, gehörte diese erst einmal vier Tänzerinnen des Ballett-Studios Lowin. Und die vier Ballerinen wussten vom ersten bis zum letzten Schritt zu überzeugen. Der Beifall machte deutlich, wie faszinierend ihre Darbietungen waren.

Danach brachte Viola Sporleder-Geb, Expertin auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften, ihr Grußwort zu Gehör. Sie kündigte an, dass sie gemeinsam mit allen Besuchern dieser Vernissage eine besondere Interpretation wagen wolle. „Lassen Sie uns die Ausstellung aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive heraus betrachten“. Dann könnte der Ausstellungstitel „WIR 1, 2, 3, … 8, 9“ noch einen Untertitel tragen, der lautete „WIR 9 und die 75“. Genau das bedeute neun Kunstschaffende feiern 75 Jahre Grundgesetz!

Alles startete mit der „Schneetulpe“ (Fotografie von Werner Harms). Nach den Schrecken der nationalsozialistischen Herrschaft und dem Zweiten Weltkrieg hätte der Parlamentarische Rat als verfassungsgebende Versammlung 1948/49 das Grundgesetz für die elf westdeutschen Bundesländer ausgearbeitet. Dabei sei bei widrigen Umständen – sozusagen bei Frost und Schnee – etwas Wunderbares, Leuchtendes erblüht, was kraftvoll dynamisch wachse.

Genau dazu passe auch die Speckstein-Skulptur von Marian van der Meer „Am Anfang“. Ihr sei es gelungen, aus dem groben, kantigen, unbearbeiteten Stein eine fein polierte, glatte Kugel zu „zaubern“. Es sei aber auch die von Sabine Tippach aus Ton gefertigte bunte Häuserzeile, welche nachbarschaftliche Farben- und Formenvielfalt, trotz Individualität Zusammenhalt, aufweise. „Demokratie funktioniert von unten nach oben, gerade in Krisenzeiten“.

Die Keimzelle sei stets das kleinste Gemeinwesen, namentlich die Gemeinde, sie sei Grundlage des Staates. Dazu passe die PC-Collage von Bernd Schneider „Aussage 1“: „Es gibt sie noch, Menschen mit Herz.“ Für das Zusammenleben bräuchte man nicht nur ein nüchternes, regelkonformes Verhalten der Menschen, sondern auch Herz, Mitgefühl, Achtung, Verständnis und Sensibilität. “Egoismus, Empathielosigkeit und Ausnutzen des Gemeinwesens halten eine Gemeinschaft nicht zusammen“.

Weil Demokratie vom Mitmachen und vom Einmischen lebe, müsste sie in Kopf und Herz verankert werden. “Sie ist kein Selbstläufer“. Mit gleichgültigen Menschen, so wie sie in einer Holzskulptur von Hans Mittmann („Emotionen – Gleichgültigkeit“) dargestellt werden, sei kein demokratischer Staat zu machen. Es gehe um die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten, zu denen in erster Linie das Wahlrecht in Art. 38 GG zählt. Mit ihren bunten Acrylbildern „Rainbow“ sowie „Additiv + Subtraktiv“ habe Indra Zahner nicht nur pure Lebensfreude ausgedrückt, sondern mit den Farben des Regenbogens Vielfalt und Toleranz.

„Diese Werte schreibt das Grundgesetz speziell sowohl in dem Gleichheitssatz und Diskriminierungsverbot des Art. 3 GG fest, als auch in der Religionsfreiheit aus Art. 4 GG. „Die Verfassung bietet also Leitplanken, um Freiheits- und Teilhaberechte zu sichern und dem Staat Schutzpflichten aufzuerlegen“, so die Rednerin weiter.

Auch künftige Generationen sollten noch eine lebenswerte Umwelt vorfinden. Die Verletzlichkeit der Natur sei in den feinen Bleistiftzeichnungen von Eva-Maria Seydel mit dem Titel „Pflanzenstrukturen II“ zu sehen, etwa in dem angefressenen Heckenrosenblatt.

„2002 wurde auch der Tierschutz in Art. 20a GG verankert“. Diesem Thema habe sich Insa Arndt mit ihrem in Acryl/Mischtechnik gestalteten Ceridwen-Zyklus (keltische Mythologie) gewidmet, in dem sie verschiedene Tiere wie Fisch, Hund, Schmetterling und Falke darstellt.

Eine der großen Herausforderungen stellten zudem die Digitalisierung und die KI dar. Dem widmeten sich augenzwinkernd und wortspielerisch Andre Haak mit seiner Collage „Appels en Peren“ („Äpfel und Birnen“) indem er einem Apple-Handy eine Glühbirne gegenüberstellt  und Bernd Schneider mit seiner PC-Collage „Aussage 6“, in der er sich mit Technik und Menschlichkeit auseinandersetzt.

„Am Ende können wir mit Freude und Stolz auf die Spuren blicken, die unser Grundgesetz in 75 Jahren hinterlassen hat.“ Die seien an dem Speckstein gut zu erkennen, einem Werk von Marian van der Meer mit dem Titel „Spuren“.

Abschließend richtete Viola Sporleder-Geb ein riesiges Dankeschön an alle Künstlerinnen und Künstler, die mit ihren insgesamt 95 Exponaten aus den unterschiedlichsten Materialien, z.B. Acryl, Holz, Ton und Speckstein sowie mit diversen Techniken wie Collagen und Installationen eine einzigartige Ausstellung geschaffen haben.

Die offizielle Eröffnung dieser auf drei Stockwerken verteilten Ausstellung lag allerdings in den Händen von Helga Klages.  Sie betonte, dass die Exponate, die zu bewundern seien, zum Teil einen weiten Weg hinter sich gebracht haben. Dass zeuge doch vom großen Interesse vieler nicht in Osterode beheimateten Künstlerinnen und Künstler, ihre Exponate in dieser einzigartigen Galerie ausstellen zu können. Neben den sechs Kunstschaffende aus Osterode, kommen zwei aus dem Helmstedter Bereich und eine Künstlerin aus Amsterdam.

Für diese Ausstellung gebe es kein vorgegebenes Thema. So seien laut Einladung ganz verschiedene Kunstrichtungen vertreten. Es seien die unterschiedlichsten Materialien verwendet worden, und die Künstlerinnen und Künstler hätten ihrer Phantasie und ihren Techniken freien Lauf lassen können. Die Ergebnisse seien fantastisch farbenfroh, technisch anspruchsvoll und vielfältig! „Ich bin immer wieder begeistert, mit welcher Hingabe und Experimentierfreude die Damen und Herren ans Werk gehen“. Die Ausstellung verdiene sehr viel Anerkennung und Aufmerksamkeit. 

Helga Klages versicherte Sabine Tippach, dass der Rat der Stadt Osterode ihr dankbar dafür sei, dass sie immer wieder tolle Ideen hätte und neue Ausstellungen präsentiere. „Ich hoffe, dass aufgrund der jetzt beginnenden Urlaubszeit zahlreiche Besucherinnen und Besucher den Weg in diese bezaubernde Galerie finden und die Ausstellung mit wieder überraschenden und interessanten Objekten bewundern“.
Sie alle sollten mit dem Gefühl hinausgehen, das Osterode durchaus auch künstlerisch etwas zu bieten habe und die Ausstellung überregional noch größere Bekanntheit erlange.

Und so geht der Aufruf beider Rednerinnen an alle: „Seien Sie neugierig! Erkunden Sie die Ausstellung! Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf. Genießen Sie diese inspirierende Kunst!“

Die Ausstellung „WIR 1, 2, 3,… 8,9“ kann vom 20. Juni bis zum 27. Juli im KUNSThaus KUNST Am Schilde 2, 37520 Osterode am Harz besucht werden.

Öffnungszeiten: 
montags bis freitags von 11 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr. 

Änderungen vorbehalten!

Sabine Tippach lässt die Mäuse tanzen

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Viola Sporleder-Geb bei ihrer Eröffnungsansprache. Im Hintergrund die die 'Schneetulpe' von Werner Harms


Tänzerinnen des Ballett-Studios Lowin...


Helga Klages freute sich sehr, erneut eine Kunstausstellung im KUNSThaus eröffnen zu dürfen

Collage 'Appels en Peren'

 

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