Politik / Wirtschaft / Bildung

31.03.2017

Ohne Auto geht es nicht – oder doch?


Podiumsdiskussion zur Mobilität im ländlichen Raum

von Christian Dolle

Geld sparen ist oft oberstes Gebot in unserer Konsumgesellschaft. Es herrscht eine Geiz ist geil-Mentalität, die auf Dauer zu einer Ausdünnung von Angeboten und damit für Kunden und Verbraucher zu längeren Wegen führt. Vor allem für Schüler und ältere Menschen können aber genau diese längeren Wege im ländlichen Raum zu einem großen Problem werden, sie werden in vielem abgehängt. So jedenfalls stellte es Dr. Reiner Schenk bei einer Podiumsdiskussion der Grünen in der Osteroder Stadthalle dar.

Der neue Landkreis Göttingen, Mobilität im ländlichen Raum und der öffentliche Nahverkehr waren die Themen, zu denen die Grünen einige Gäste eingeladen hatten. Mit dabei Michael Frömming, Geschäftsführer des Zweckverbandes Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (ZVSN), Steffen Hess vom Fraunhofer-Institut in Kaiserslautern, Burkhard Breme von der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ und eben Dr. Reiner Schenk, Arzt und Ratsmitglied aus Bad Lauterberg, sowie die Bundestagskandidatin Viola von Cramon, die die Diskussion moderierte.

Laut einer Studie lege jeder Mensch etwa 40 Kilometer am Tag zurück, führte Schenk aus, davon seien allerdings 60 Prozent aller Wege kürzer als fünf Kilometer. Ein Auto sei dafür also nicht zwingend notwendig. „Warum steigen Leute ins Auto ein und wie kriegen wir sie da wieder raus“, umriss er die Grundfrage, die sich seine Partei auf die Fahnen schreibt. Vieles habe mit Bequemlichkeit zu tun, manches sei vielleicht auch auf den Nahverkehr in der Region zu schieben.

Nahverkehr attraktiver gestalten

Für genau diesen, genauer gesagt für den Busverkehr im Landkreis Göttingen ist Michael Frömming zuständig. Und er möchte ihn attraktiver gestalten. „Ideen im ÖPNV gibt es viele“, sagte er. Dazu zählen Schnellbusse wie der von Duderstadt nach Göttingen, Wiederbelebungen von Bahnstrecken oder auch der EcoBus, der als Forschungsprojekt auch anderen Regionen Antworten liefern kann. Ob er sich durchsetzt und wie lange er Bestand hat, wird die Zeit zeigen.

Steffen Hess leitet ein Forschungsprogramm zur Vernetzung in ländlichen Räumen, das im Grunde die Nachbarschaftshilfe früherer Jahrzehnte ins digitale Zeitalter holt. Dabei werden Mittel und Wege entwickelt, wie Angebote vernetzt und gemeinsame Lösungen geschaffen werden können, denn ein reines ÖPNV-Angebot reiche längst nicht aus.

Tarife sind nicht wettbewerbsfähig

Dass man aber auch dort vieles erreichen kann, berichtete Burkhard Breme, denn die Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ hat in den vergangenen Jahren immer wieder Forderungen an die Bahn gestellt und so vieles erreicht. „Allerdings sind die Tarife heute überhaupt nicht wettbewerbsfähig“, stellte er fest und bekam dafür Zustimmung aus dem Plenum. Zudem erstreckt sich der Harz nun einmal über drei Bundesländer, was ein einheitliches Tarifsystem oder auch nur eine insbesondere für Touristen nachvollziehbare Taktung und Übersichtlichkeit der Anschlüsse nahezu unmöglich macht. Daran müsse dringend gearbeitet werden.

Die vor der Veranstaltung präsentierten E-Bikes zeigten durchaus einen Weg auf, die vielen Fragen aus dem Publikum aber ebenso, wie komplex das Thema Mobilität im ländlichen Raum tatsächlich ist und dass an vielen Stellschrauben gedreht werden muss. Die derzeit als zu hoch empfundenen Preise für den Nahverkehr scheinen dabei das dringlichste Problem zu sein und die unterschiedlichen Verkehrsverbunde im Harz einer der größten Hürden. Nicht zuletzt kommt dann noch hinzu, dass viele Angebote, wenn sie denn geschaffen werden, von der breiten Masse nicht angenommen werden.

Vielleicht dauert es doch noch bis zur von Hess angesprochenen Revolution des autonomen Fahrens, damit der private Pkw im ländlichen Raum ernstzunehmende Konkurrenz bekommt.




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Dr. Reiner Schenk

Burkhard Breme

Viola von Cramon

Steffen Hess

Michael Frömming

Almut Mackensen

 

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